Innere Klarheit
Wir verlieren uns immer mehr – in neuen wie alten Dingen – und gleichzeitig geben wir uns seltener dem hin, was uns wirklich näher zu uns selbst bringen würde. Stattdessen entfernen wir uns. Auf vielfältige Weise. Und oft kommt uns das sogar gelegen, denn so müssen wir uns nicht mit uns selbst auseinandersetzen – weder mit dem Positiven noch mit dem Unangenehmen.
Das, was weh tut, drücken wir weg. Wir schieben die Schuld auf andere. Und selbst wenn es um etwas Positives geht, finden wir Gründe, Ausreden, Wenns und Abers, warum wir etwas nicht machen wollen oder können.
So verweigern wir uns immer wieder selbst den Glauben an uns – und das Vertrauen in unsere eigene Kraft. Es rückt in weite Ferne. Stattdessen verlieren wir uns in Ablenkungen, die uns kurzfristig erfüllen und kleine Dopaminschübe schenken. Doch genau diese halten uns oft davon ab, die längeren, tieferen Wege zu gehen – Wege, die nachhaltiger wirken könnten, weil sie eine tiefere Sehnsucht in uns erfüllen.
In diesem Beitrag möchte ich ein paar Punkte teilen, die mir auf meinem Weg zu innerer Klarheit geholfen haben. Es geht dabei nicht in erster Linie um fertige Lösungen, sondern um ein Zurückkommen zu sich selbst – und darum, den eigenen Alltag achtsamer zu hinterfragen.
Akzeptanz spüren
Es gibt Phasen, in denen wir uns innere Klarheit wünschen – und doch fühlt sich alles einfach nur anstrengend an. In solchen Momenten hilft keine schnelle Lösung, die wirklich nachhaltig wirkt.
Klar, es gibt die „schnellen“ Alternativen: Ablenkung, Meckern, übermäßiges Essen, Zucker, Betäubung – jeder Mensch hat seine eigenen Strategien, um schwierigen Gefühlen zu entkommen.
Ich habe gelernt, die Akzeptanz zu spüren. Nicht als Resignation – sondern als bewusste Entscheidung, den Moment anzunehmen, so wie er ist.
Wenn ich an der Kasse stehe und der Kunde vor mir ewig braucht, dann ist das eben gerade so. Wenn mein Kopf wieder anfängt, Gedankenkreise zu drehen, dann ist das eben gerade so.
Tief durchatmen. Annehmen. Nicht sofort überdecken oder weglaufen wollen.
Ich habe zu diesem Thema auch eine Meditation auf YouTube aufgenommen – vielleicht möchtest du sie dir mal anhören.
Akzeptanz bedeutet nicht, dass man alles stillschweigend hinnehmen muss. Es geht vielmehr darum, den inneren Druck etwas zu lösen – diesen Druck, der sich oft wie ein Karussell anfühlt, das sich immer weiterdreht.
Was ich mir in solchen Momenten gerne laut sage:
„Es ist gerade so, wie es ist. Punkt.“
Vertrauen üben
Ich wusste lange nicht, was Vertrauen eigentlich ist – und vor allem, wie es sich anfühlt. Aber seit ein paar Monaten spüre ich etwas, das ich nur als tiefe Ruhe beschreiben kann. Eine Ruhe, ganz tief in mir. Und ich weiß: Das ist Vertrauen. Manche würden es vielleicht sogar Urvertrauen nennen.
Es ist faszinierend, wenn man dieses Gefühl einmal wirklich erlebt – und erkennt, dass es einen durch das Leben tragen kann. Das heißt nicht, dass alles immer glatt läuft. Aber es bedeutet, dass man dem Leben vertraut. Sich selbst vertraut. Und auch anderen. Dass man glaubt, dass sich die Dinge irgendwie fügen werden – was auch immer „fügen“ am Ende bedeuten mag.
Ich denke mir oft: Wenn wir kein Vertrauen haben und immer eingreifen wollen, entstehen viel mehr Fehler – und wir verlieren wertvolle Zeit, die wir für Sinnvolleres nutzen könnten.
Vertrauen ist ein machtvolles Gefühl. Man lenkt – und lässt dann los.
Kontrolle dagegen bedeutet, die Fäden krampfhaft in der Hand zu halten, alles bis ins Detail zu überdenken und zu steuern.
An meiner Wand hängt ein Spruch, den ich jeden Tag lese: „Ich vertraue der Kraft des Lebens.“ Er erinnert mich daran, dass Leben auch bedeutet, sich zu trauen. Schritte zu gehen. Energie und Zeit in Dinge zu investieren, die mich weiterbringen – die mich wachsen lassen.
Und dabei spielt Perfektionismus keine Rolle. Auch nicht, was andere wann, wie oder wo machen. Es geht darum, was ich will.
Übung: Um dein Vertrauen zu stärken, kannst du in ganz alltäglichen Situationen – wie beim Warten an der Kasse oder im Stau – ganz bewusst Geduld üben.
Ich glaube: Geduld ist der Zugang zu Vertrauen.

// Bild mit KI erstellt.
Perfektionismus reduzieren
Wenn etwas funktioniert, muss es nicht gleich schön oder perfekt sein – es darf trotzdem schon jetzt seinen Zweck erfüllen.
In meiner vorherigen Anstellung habe ich immer wieder erlebt, wie versucht wurde, Dinge noch perfekter zu machen – oft weit über die eigentlichen Anforderungen hinaus. Ich könnte mich heute noch darüber ärgern. Perfektionismus pur. Obwohl etwas funktionierte, hatte trotzdem jeder noch etwas anzumerken oder „zu verbessern“.
Und ja – es hat funktioniert. Die Lösung war einsatzbereit, Kund*innen hätten es längst nutzen können. Aber durch dieses ständige Nachoptimieren hat es unnötig länger gedauert – und der Mehrwert stand in keinem Verhältnis mehr zum Aufwand.
Auch bei mir selbst – im Kontext meiner eigenen inneren Klarheit – habe ich Perfektionismus oft übertrieben. Ich wollte, dass alles sitzt, alles passt, alles „rund“ ist. Aber ich habe auch gelernt: Es ist nicht immer nötig. Und oft bringt gerade das Unperfekte mehr Resonanz, als man denkt.
Manchmal ist es genau das Unscheinbare, das Ungeglättete, das plötzlich tiefer berührt – weil es echter ist.
Wo in deinem Leben hält dich Perfektionismus zurück, einfach loszulegen?
Vergleich hinterfragen
Nur weil jemand weiter, größer, erfolgreicher, lauter, perfekter, hübscher oder „besser“ ist – heißt das wirklich, dass du das auch sein willst oder musst?
Diese Frage habe ich mir immer wieder gestellt. Und für mich war die Antwort ganz klar: Nein. Nur weil jemand an einem Punkt ist, den ich vielleicht spannend finde oder wo ich „auch mal hinwill“, bedeutet das noch lange nicht, dass ich genauso sein möchte.
Natürlich können wir zu Menschen aufschauen, uns inspirieren lassen, fragen: Was hat sie oder er gemacht? Wie ist dieser Weg entstanden?
Aber am Ende musst du deinen eigenen Weg gehen. Dein eigenes Wie.
Und das ist etwas so Individuelles – du kannst und solltest niemanden kopieren. Denn genau dort verlierst du dich. Und das kann unglaublich zermürbend sein.
Das gilt auch in die andere Richtung:
Wenn dir jemand seinen Weg oder sein Wie aufzwingen will, darfst du skeptisch werden. Hinterfrage, ob das wirklich deins ist – oder ob es mehr mit dem Bedürfnis des anderen zu tun hat, Kontrolle zu behalten. Denn oft steckt dahinter die eigene Unsicherheit.
Wenn du dich also wieder mal beim Vergleichen erwischst, stell dir folgende Fragen:
– Was will ich wirklich?
– Wie sieht mein ganz persönlicher Weg aus?
– Ist dieser Vergleich gerade hilfreich – oder dient er nur als Ausrede, meinen Weg (noch) nicht zu gehen?
Deine Muster erkennen
Wir alle haben sie – bestimmte Muster, die wir selten hinterfragen.
Oft sagen wir dann Dinge wie: „Das war schon immer so.“ oder „Das tut mir gut.“ oder „Ich brauche das einfach.“ Doch oft sind genau diese Aussagen Schutzmechanismen, die tieferliegende Ängste verdecken – vor allem die Angst, etwas zu verlieren, woran wir uns festhalten.
Verlustangst zeigt sich oft dann, wenn es darum geht, Gewohnheiten zu verändern. Wenn jemand vorschlägt, ein Verhalten loszulassen oder zu hinterfragen, reagiert unser Inneres manchmal mit Widerstand. Weil es sicher ist. Weil es bekannt ist.
Aber: Es braucht nicht den radikalen Umbruch. Was es braucht, ist die Bereitschaft, sich selbst zu beobachten – und in kleinen, liebevollen Schritten Alternativen auszuprobieren.
Ein Beispiel:
Eine Bekannte von mir ist starke Raucherin. Sie sagte, ihr Morgenritual sei „Kippe und Kaffee“. So startet sie in den Tag – und das schon ewig.
Ich habe sie einfach mal gefragt: „Braucht es wirklich beides? Was wäre, wenn du es mal anders probierst?“
Und sie war offen. Sie ging raus, nur mit ihrem Kaffee, atmete frische Luft. Und plötzlich merkte sie: Wow, es tut mir gut. Kein Schwindel am Morgen, kein Druck auf der Brust. Einfach nur ein ruhigerer Start.
Es geht also nicht darum, sich etwas wegzunehmen – sondern bewusst zu spüren, was dir wirklich gut tut. Und dann ganz behutsam eine neue Wahl zu treffen. Muster dürfen erkannt werden. Und wenn du sie erkennst, kannst du anfangen, sie zu verändern – mit Geduld, mit Verständnis und mit Neugier.
Welches deiner Gewohnheitsmuster fühlt sich sicher an – aber ist vielleicht gar nicht wirklich hilfreich?
Vergebung
Vergebung – ein starkes Wort.
Und eines, bei dem sich viele innerlich sofort aufbäumen, wenn man fragt:
„Kannst du diesem Menschen vergeben?“ Oft kommt dann wie aus der Pistole geschossen ein klares Nein. Und gleich danach folgen die Erklärungen: Warum das nicht möglich ist. Warum es nicht gewollt ist. Warum dieser Mensch es nicht verdient.
Ich verstehe das. Denn Vergebung ist kein leichter Schritt – sie ist ein Prozess.
Etwas, das man anstoßen, üben, und manchmal über lange Zeit wachsen lassen muss. Und ja, Nicht-Vergebung erfüllt oft auch einen Zweck: Sie schützt.
Sie bewahrt uns davor, denselben Schmerz nochmal zu erleben.
Sie hält uns auf Distanz – vor anderen, aber auch vor uns selbst.
Doch gleichzeitig bindet sie. Nicht vergeben zu können heißt oft, sich weiter an die Geschichte zu ketten – an das, was passiert ist, an den Groll, die Enttäuschung, das Leid. Und diese Bindung kostet Kraft. Viel Kraft.
Ich habe für mich erkannt:
Je mehr ich mich innerlich dagegen gewehrt habe zu vergeben,
desto enger war ich mit der Person oder Situation verbunden.
Desto schwerer wurde mein Herz. Desto mehr Energie floss immer wieder in die gleiche Wunde.
Was wäre, wenn du dich nicht mehr auf die Beweise konzentrierst, warum Vergebung unmöglich ist, sondern auf die Möglichkeit, dass es vielleicht doch geht? Ein kleines bisschen. Ein erster Schritt. Eine neue Perspektive.
Frag dich mal ganz ehrlich:
Gibt es jemanden, dem du nicht verzeihen kannst?
Und wie anstrengend ist es eigentlich, diese Geschichte immer wieder wegzuschieben – obwohl sie in dir weiterbrodelt?
Wie oft greifst du zur Ablenkung, nur um diesen Schmerz nicht zu spüren?
Denn: Nur weil du ihn wegdrückst, heißt das nicht, dass er weg ist.
Vielleicht ist heute der Moment, an dem du dir selbst die Erlaubnis gibst, frei zu werden. Denn Schlussentlich geht es bei der Vergebung nur um dich! Du gibst damit etwas frei was dich in der Vergangenheit hält, welche nicht geändert werden kann, aber deine Haltung dazu.
Schuldgefühle – Schuldbewusstsein
Wir alle kennen sie – diese schmerzhaften Gedanken und Gefühle, die wir eigentlich gar nicht haben wollen. Aber sie sind da. Nicht, weil wir schwach sind. Sondern, weil etwas in uns noch festhängt.
Schuldgefühle haben ihre ganz eigene Logik, finde ich.
Sie hängen eng mit Selbstvergebung zusammen – oder besser gesagt: mit dem, was noch nicht vergeben ist. Durch Schuldgefühle bauen wir oft unbewusst einen inneren Mechanismus auf. Einen Schutzschild, der uns davor bewahren soll, den Schmerz dahinter wirklich zu fühlen.
Und so entstehen Strategien:
Wir vermeiden Gespräche.
Wir entschuldigen uns nicht – weder bei anderen, noch bei uns selbst.
Wir lenken uns ab, greifen zu bekannten Mustern, füllen Leere mit Ablenkung.
Und dabei binden wir uns immer stärker – nicht an die Lösung, sondern an das Gefühl von Schuld.
Ich finde das Thema unglaublich faszinierend, und ich habe dazu auch einen ausführlicheren Beitrag geschrieben – vielleicht magst du da mal reinschauen.
Was ich immer wieder beobachte – bei mir selbst und bei anderen:
Wenn wir anfangen, unser eigenes Schuldbewusstsein zu öffnen,
kommt Bewegung in ganz viele Lebensbereiche.
Denn plötzlich wird sichtbar, was vorher im Verborgenen lag.
Zum Beispiel: Wenn du erkennst, dass du destruktive Muster hast – und dann sogar jemand anders sie aufdeckt – kommt oft sofort ein Mix aus Scham und Schuld hoch.
„Ich wusste das eigentlich längst… warum ändere ich es nicht?“
„Wie konnte ich das nur tun?“
Und zack – der Schuldschmerz ist aktiviert.
Aber weißt du was?
Ich bin inzwischen ein großer Fan von Fehlern.
Denn Fehler sind keine Katastrophe – sie sind Teil unserer Entwicklung.
Ich nenne das: Fehlerkultur.
Wir dürfen Dinge falsch machen. Wir dürfen lernen.
Wir dürfen Geschichten schreiben, aus denen andere später etwas mitnehmen können.
Leider wird Schuld in unserer Gesellschaft oft als etwas abgestraft – und genau deshalb wirkt sie in uns manchmal so heftig. Aber wenn wir beginnen, ganz ehrlich mit uns zu sein, wenn wir hinschauen statt wegzusehen –
dann kann das ein echter Gamechanger sein.
Denn: Schuldgefühle müssen uns nicht ewig fesseln.
Sie können der erste Schritt sein in Richtung Freiheit, Vergebung und innerer Klarheit.
Zum Abschluss
Vor vielen Jahren begann meine Reise – eine Reise zurück zu mir selbst.
Für mich war es ein Rückzug in meine Innenwelt. Eine Welt, die aus unzähligen Farben besteht – aus Gefühlen, sowohl den schmerzhaften als auch den leuchtenden. Lange habe ich versucht, diese Innenwelt zu ignorieren. Ich glaubte, alles Entscheidende finde außen statt. Dort läge das „Richtige“. Dort müsste ich suchen. Dort müsste ich funktionieren.
Doch was, wenn das Äußere dich eher an dir zweifeln lässt?
Wenn es dich kontrollieren will, dich immer wieder mit denselben schmerzhaften Mustern konfrontiert – und du immer wieder zu kleinen oder großen Betäubungen greifst?
Dann wirst du die echten Lösungen nicht im Außen finden.
Weil die Ursachen in dir liegen.
Weil deine Antworten in dir schlummern.
Und weil der Zugang zu dir selbst oft überraschend, manchmal unbequem, aber immer lohnenswert ist.
Auf meinem Blog teile ich regelmäßig meine Erfahrungen, Fragen, Leitfäden –
alles, was ich selbst auf meinem Weg erfahren und in der Arbeit mit meinen Klient:innen gelernt habe.
Wenn dich ein Punkt aus diesem Beitrag angesprochen hat, teile es gern in den Kommentaren – vielleicht hast du Ähnliches erlebt.
Vielleicht ist genau dein Gedanke ein Impuls für jemand anderen.
Lass uns gemeinsam wachsen.
Liebe Grüsse, Nicole
PS: In meinem monatliche 0€ Newsletter teile ich regelmässig Impulse dich dich deinem inneren näher bringen können! Melde dich sehr gerne an.
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