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Schuldgefühle – UNd die Komplexität

Wir haben sie alle – diese Schuldgefühle. Mal größer, mal kleiner.
Gefühle uns selbst gegenüber und auch anderen, bewusst oder unbewusst.
Es sind Programme, die uns irgendwie auch zurückhalten können von nächsten Schritten, weil sie auf Erfahrungen basieren, in denen wir uns selbst oder andere verletzt oder etwas zerstört haben.

Das ist sehr eng verstrickt mit einem machtvollen Teil in uns, der damals beteiligt war – und so tragen wir mitunter einen Glaubenssatz in uns:
„Meine Macht hat etwas Schlimmes ausgelöst.“

Damit halten wir Energie zurück. Wir wollen auch unsere Schattenwelt in Schach halten – doch das kann in Selbstsabotage enden.
Wir halten uns auf, lenken uns von dem ab, was wir eigentlich möchten.
Und damit auch von unserer eigenen Wirkung – sowohl nach außen als auch uns selbst gegenüber.

Schuld ist ein unterdrückter Schmerz, der seinen Weg findet, sich auszudrücken.
Und das kann durchaus unbewusst passieren. Wir entwickeln eigene Programme, um damit umzugehen, führen innere Selbstgespräche, die das Geschehene zu rechtfertigen versuchen – doch all das kann auch Potenziale einsperren.
Potenziale, die vielleicht helfen könnten, diesen inneren Schmerz aufzulösen.

In diesem Beitrag möchte ich dieses – doch manchmal sehr komplexe – Thema zumindest anreißen. Denn es ist nicht nur der Gedanke an Schuld.
Es ist auch verbunden mit unserer Vergangenheit, unserer Gegenwart – und sogar mit der Zukunft.

Wir tänzeln um Wahrheiten herum

Sich selbst einzugestehen, dass man vielleicht Dinge tut oder Momente sogar provoziert, um sich selbst zu bestrafen oder zurückzuhalten – weil darunter Schuldschmerz liegt – ist wirklich nicht das, was wir alle anstreben, oder?

Also versuchen wir es: Wir erklären uns Dinge.
Uns selbst – oder anderen gegenüber.
Wir rechtfertigen, beschönigen, biegen uns das Ganze irgendwie zurecht.

Doch dadurch wird man immer wieder mehr in einen Sumpf gezogen.
Denn wir verstärken diese Ausreden und entfernen uns immer weiter vom eigentlichen Schuldschmerz. Es ist wie ein Pflaster, das man immer wieder erneuert, damit man nicht hinschauen muss.

Diese Selbstgespräche könnten zum Beispiel so klingen:

Das sind nur Beispiele. Jeder Mensch hat so seine eigenen Selbstgespräche, um sich etwas schönzureden.

Die Wunden, die wir zu heilen versuchen

Ich hatte bereits erwähnt, dass wir Selbstgespräche nutzen, um um das wirkliche Thema herumzutänzeln. Dasselbe tun wir auch mit unseren Wenns und Abers – wir tanzen manchmal einfach nur um das Tun herum. Das wirklich ehrliche: Etwas tun. Etwas sagen. Was auch immer es ist.

Bei Schuld stecken oft bestimmte Glaubenssätze oder unbewusste Selbstgespräche in uns, die wir versuchen mit positiven Haltungen zu überdecken. Durch vergangene Konflikte haben wir etwas über uns selbst gelernt, woran wir innerlich hängen bleiben – und dann beginnen wir, genau das durch Selbstgespräche zu deckeln, um unsere inneren Schutz-Strategien aufrechterhalten zu können.

Das Tückische daran: Diese Kette hält uns weiter in der Schuldenergie –
weil wir sie nicht loslassen wollen, denn das würde bedeuten, sich wirklich damit auseinanderzusetzen.

Beispiele für unbewusste Sätze könnten sein:

Beispiel aus meinem Leben:
Ich habe vor vielen Jahren meinen damaligen Freund betrogen –
und ihm damit den Traum von einer gemeinsamen Zukunft genommen.
Dahinter steckte aber auch meine Unfähigkeit, ihm ehrlich zu sagen:
„Ich will das alles nicht, was du dir wünschst.“

Schuldgefühle ohne Ende. Ich habe sie durch Verdrängung kompensiert –
mit dem inneren Satz: „Ich bin beziehungsunfähig.“
Und ich sabotierte nachfolgende Beziehungen.

Es ist ein schmerzhafter Prozess, sich das einzugestehen.
Und genau deshalb halten wir manche Muster so lange aufrecht,
weil wir nicht tiefer schauen wollen. Und das Interessante ist:
Wir erzeugen sogar neuen Schmerz, um uns weiterhin von uns selbst abzulenken.

Vielleicht klingt das an manchen Stellen ein wenig verwirrend –
aber das ist okay. Denn manche dieser Mechanismen sind wirklich komplex –
vor allem, wenn man sie über Jahre hinweg aufrechterhält.

Noch ein Beispiel:
Eine Bekannte von mir verheddert sich immer wieder in finanziellen Themen.
Sie gab sehr viel Geld aus, verschuldet sich wofür sie jetzt gerade stehen muss und sich dadurch auch einschränkte. Sie ist an die Situation gebunden, weil das Thema nun mal abbezahlt werden muss.

Sie hatte ein schwieriges Leben – fehlende Mutterliebe, ein gewalttätiger Partner in jungen Jahren. Sie war lange im Überlebensmodus, im ständigen Kampf.
Und gleichzeitig tief verbunden mit dem Glaubenssatz: „Ich koste mein Leben nicht wirklich aus.“

Also versucht sie, das zu füllen – mit teuren Coachings, mit Dingen, die ihr kurzfristig Erfüllung geben. Aber die Unsicherheit, ganz tief in ihr,
wurde dadurch nur noch mehr verdrängt.

Unterdrückte Potenziale

Um das Thema Schuldbewusstsein noch weiter zu vertiefen: Selbstbestrafung entsteht oft, um etwas nicht fühlen oder leben zu müssen, das in uns – aus welchen Gründen auch immer – unerwünscht geworden ist. Warum das so ist, ist sehr individuell. Aus meiner Erfahrung lässt sich das manchmal gar nicht mehr bewusst mit dem Verstand greifen, weil es so tief in einem verschüttet liegt und oft mit vielen anderen inneren Schichten verknüpft ist.
Was man aber sagen kann: Häufig steckt eine Angst vor dem Loslassen dahinter. Denn wenn man die eigenen Potenziale tatsächlich leben würde, wären die Gründe für die alten Schutzstrategien plötzlich nicht mehr da. Und genau diese Strategien erfüllen einen Zweck – sie helfen uns, unsere Potenziale nicht zu leben. Sie halten uns dort, wo wir gerade sind, damit wir keine Gefahr laufen, wieder etwas „Schlechtes“ zu tun oder jemanden zu verletzen, obwohl es auch durchaus was richtig geiles werden kann.

Ein Beispiel aus meinem Leben:
Vor einigen Jahren gab es einen Mann, mit dem ich eine Art Freundschaft Plus hatte. Ich wusste von Anfang an, dass ich das besser sofort beenden sollte. Aber tief in mir war dieses Schuldgefühl – verbunden mit dem inneren Glaubenssatz: „Ich verdiene nicht mehr als das.“ Ich hatte mir selbst eingeredet, dass ich nur für das eine „gut genug“ bin. Und damit habe ich meine Beziehungsunfähigkeit ganz aktiv am Leben gehalten. Gleichzeitig lief im Hintergrund dieser verborgene Satz: „Ich bin nicht gut genug für mehr.“ Also blieb ich in dieser Konstellation – und nahm den weiteren, immer wiederkehrenden Schmerz bewusst in Kauf. Alles war miteinander verschachtelt, und ich machte das ein paar Jahre lang mit. Diese tiefe Wunde wurde dadurch immer weiter aufgerissen – und auch die Schuldenergie, die damit verbunden war, wurde weiter genährt.

Was ich mir damit versperrt habe, waren wesentliche Potenziale: meine Verwundbarkeit, die Fähigkeit zu Liebe und Nähe, sowie echte Verbindung. Diese Anteile habe ich ausgesperrt, obwohl sie genau das gewesen wären, was ich gebraucht hätte – nicht um zu zerstören, sondern um klare Grenzen setzen zu können, Stopp zu sagen, ein echtes Ja zu mir selbst auszusprechen. Und auch um den inneren Schmerz loszulassen, der mir sagte: „Du bist nicht gut genug.“

Heute nutze ich meine Verwundbarkeit, indem ich meine Geschichten teile. Liebe und Nähe sind für mich noch herausfordernd, aber ich erlaube sie mir inzwischen zumindest mir selbst gegenüber. Verbindung lasse ich mittlerweile zu, auch wenn ich noch etwas zurückhaltend bin. Doch sobald man beginnt, sich wirklich mit diesen Themen zu verbinden und erkennt, was man da eigentlich sabotiert, welche alten Programme man weiterfüttert, nur um sich selbst kleinzuhalten – dann kann das unglaublich befreiend sein. Für die Gegenwart, für die Zukunft – und ja, sogar für die Vergangenheit. Denn in dem Moment beginnt oft ganz von selbst ein Vergebungsprozess. Kein Verharren in der Opferrolle – sondern radikale Ehrlichkeit.

Vertraue deinem inneren Funken – nicht um etwas zu zerstören sondern zu erschaffen.

Angst als Beschützer

Ängste kennen wir alle – sie tauchen in den unterschiedlichsten Situationen auf und wollen uns, meist gut gemeint, beschützen. Oft empfinden wir sie als störend, manchmal kommen sie uns aber auch ganz gelegen, oder? Denn sie liefern uns bequeme Ausreden: nichts verändern, nichts anpacken. Und manchmal, Hand aufs Herz, steckt hinter der vermeintlichen Angst einfach nur ein „Kein Bock“ – sie wird dann vorgeschoben, um sich der echten inneren Arbeit nicht stellen zu müssen.

Im Zusammenhang mit Schuldbewusstsein wirken Ängste wie Wächter. Sie stehen an der Tür zu unseren Wunden – und wenn wir diese Tür nicht aktiv verschlossen hielten, könnten wir tiefer sinken in genau jene schmerzhaften Sätze, die wir uns selbst nicht eingestehen wollen. Es ist wie ein Ping-Pong-Spiel zwischen Angst und Schuld, das sich gegenseitig aufrechterhält und verstärkt.

Würden wir unsere Ängste klarer und bewusster wahrnehmen, könnten wir möglicherweise genau jene Strategien aufgeben, die den Schuldschmerz am Leben halten. Dann wäre ein Loslassen möglich – aber genau davor fürchten wir uns, oft unbewusst.

Ein Beispiel: Bei meiner Bekannten, von der ich bereits erzählt habe, entdeckten wir irgendwann eine tiefe Angst – die Angst, sie selbst zu sein. Oder noch konkreter: „Ich habe Angst, ein Niemand zu sein.“ Diese Angst war nicht offensichtlich, sondern gut versteckt.

Ihre Strategie, sich immer wieder in finanzielle Engpässe zu manövrieren, hängt direkt damit zusammen. Sie trägt eine Wunde in sich, die ihr ein Gefühl von Unsicherheit vermittelt. Gleichzeitig erzählt sie sich unbewusst Sätze wie: „Ich brauche nicht viel“ oder „Geld macht nicht glücklich – also darf es auch schnell wieder gehen.“ Diese Angst schützt im Grunde einen ganzen Rattenschwanz an unaufgelösten Themen, vor allem aber das Potenzial, echten Selbstwert und Erfolg zu leben.

Klingt paradox, oder? Mir geht es oft so, dass mein Verstand kaum noch hinterherkommt, wenn ich solche Dynamiken bei mir oder anderen aufdecke. Aber eins bleibt: die Überraschung darüber, wie sehr plötzlich alles Sinn ergibt – auf eine schmerzhafte, aber auch befreiende Art.

Zum Schluss

Ich habe für mich erkannt: Die oft zitierten Sprüche wie „Du musst dir selbst vergeben“ oder „Vergib einfach den anderen“ greifen viel zu kurz. Sie bleiben an der Oberfläche hängen. Warum? Weil das Wie dabei oft komplett ausgespart wird – und genau dieses Wie ist der komplexeste Teil, wie man hier gut sehen kann. Alles in uns hängt miteinander zusammen, bewusst oder unbewusst, direkt oder auf verschlungenen Wegen.

Ich habe so oft erlebt, dass Menschen sofort nach der Lösung suchen. Nach einer einfachen Anleitung, einem klaren Wie. Aber du bist ein Mensch – und deine eigene Komplexität lässt sich nicht mit einer schnellen Antwort abhandeln. Vor allem dann nicht, wenn du dich vielleicht jahrelang nicht wirklich mit dir selbst auseinandergesetzt hast.

Ich sage das, weil ich es aus eigener Erfahrung kenne. Wenig bis gar kein Erfolg in der Liebe, jahrelang ein bestimmtes Muster aufrechterhalten, und die wirklich tiefen Erkenntnisse kamen erst lange nach meinem Einstieg in diese innere Welt.

Es ist essenziell, dass du dich deinem eigenen Prozess hingibst. Dich auf dich fokussierst. Prioritäten setzt. Und – ganz wichtig – den Mut entwickelst, deinen eigenen Mist anzuschauen. Auch wenn der manchmal echt zum Himmel stinkt.

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Liebe Grüsse Nicole

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